Ein
Kind
Augen,
riesengroß, schwarz und so erschreckend leer. In dem kleinen
Puppengesicht ist keine Bewegung, das Kind steht wie erstarrt auf dem
Platz des Trümmerhaufens, wie angewurzelt, festgenagelt,
unbeweglich. Staub, kleine Steinchen, Kalk und Sand liegen um sie
herum, auf ihr und bewegen sich immer noch in der Luft, malen
beängstigend düstere, trübe Farben auf alles, was eben noch bunt,
lebendig und fröhlich war.
Nicht
einmal Unbegreifen spiegelt sich, kein ängstliches Weinen mischt
sich in die Verzweiflungsschreie, die dumpf, fast wie in Watte
gepackt, durch die Luft wehen, immer noch durchbrochen von dem
Getöse der zusammenbrechenden Häuser, dem Nachrutschen von Wänden.
Das
eben Geschehene ist erschreckend sichtbar in dem Verharren in der
gleichen Pose: die Arme leicht erhoben, die winzigen Hände nach oben
geöffnet, der kleine, fahle Mund, sonst sicher wie eine reife
Kirsche, jetzt fahl, wie auch die drei Toten um sie herum - wohl die
Mutter und etwas ältere Geschwister - gebannt im Schockzustand.
Wieviel
Zeit so vergeht? Wer kann es sagen? Keiner stoppt die Uhr. Die
Überlebenden suchen, rufen, weinen.
Bewegung
in Richtung des kleinen Mädchens, das in seinem zerrissenen Kleid
das Chaos nicht wahrnimmt. Ein Mann bahnt sich den Weg durch Trümmer,
Verletzte und Tote. Er erkennt den Verlust, zusammenbrechend die
winzige Gestalt umschließend und sein Schmerz zerreißt die Luft.
"Miyuki,
Miyuki!"
11.
März 2011
Eine
Naturkatastrophe in Japan griff mit ungeheurer Gewalt in das Leben
vieler
Menschen ein. Es war ein ganz normaler Freitagnachmittag, als
um 14.46 Uhr ein
gewaltiges Erdbeben mit der Stärke 9,0 die
Nordostküste Japans erschütterte.
Das Zentrum des Bebens lag 130
Kilometer östlich der Stadt Sendai im Pazifik.
Die Erdstöße waren
bis auf das japanische Festland sehr stark zu spüren.
Das
Erdbeben löste einen sogenannten Tsunami, eine riesige Flutwelle
aus. Die bis
zu 15 Metern hohe Riesenwelle riss alles mit sich und
richtete große Zerstörung an:
Hunderttausende Häuser stürzten ein
und rund eine halbe Million Menschen verlor ihr
Zuhause. Fast 20 000
Menschen sind dabei nach Schätzungen gestorben.
FvBistram
2011