Nimm das Leben als Geschenk, das in Liebe gegeben wurde und behandle es sorgsam. floravonbistram

Botschaft





In den Städten, gottverlassen,

liegen stille kleine Gassen.

Sucht ihr an den Häusern Zeichen,

lasst Jahrhunderte entweichen.



Wenn der  Tag sich dort sanft bricht,

leitet euch das fahle Licht.

Keine Tafeln von den Leichen,

jungen, alten, armen, reichen.



Menschen starben ohne Namen,

die den Häschern nicht entkamen,

denn getarnt im Nachtgefieder

metzelten sie Christen nieder.



Zweimal tausend lange Jahre

künden von der Totenbahre,

auf der  Glauben sterben sollte,

wenn es ein Despot so wollte.



Doch die Kunde blieb voll Leben,

wurde weiter  uns gegeben.

Herzen, die zu glauben wagen,

werden niemals Trauer tragen.



Herzen  voller Wahrheitsflammen

kann kein Menschenmund verdammen.


FloravonBistram 1989



Tirol -stille Liebe


 


Ganz still sitzt sie da, unter ihr die grün wogenden Bäume, hinab reichend bis zu den satten Wiesen, die vom Inn abgeschnitten werden, wie Streichholzschachteln verteilt die einzelnen Gehöfte, Hütten, Schober  und Häuser, das weite Tal, das an der anderen Uferseite sich langsam wieder hebt, steiler wird und wie ein Spiegelbild fast die Diesseitigkeit wiedergibt.
Über den Kronen der in den wärmsten Grüntönen grüßenden Schützern des Tales dann hoch in den Himmel ragende Felsen, sonnenbeschienen, mit Mützchen von Wolken oder mit einem grau wabernden Schal umwogt.
Zerklüftet, aber auch mitunter glatt wie ein Spiegel wirkend.
Sie hält das Gesicht in die wärmende Sonne und lauscht den Glocken der Kühe, die weit und doch verhalten von einer nahen Alm herüberschallen, beruhigend, einschläfernd, wie auch das Summen der Bienen, Hummeln, Fliegen und Käfer.
Das Knacken im Geäst, das muntere Hüpfen des kleinen Gebirgsbaches, der dem Durstigen so wunderbar kühl Erfrischung gibt, der samtweiche Teppich, voller duftender, wohlschmeckender Pflanzen, die der Städter nie kostete, und der wunderbare Gesang der Vögel, hier und da durchbrochen von einem Warnruf des Eichelhähers, erfüllen den ganzen  Körper, betanken das Gefühl mit Wonne und gleichzeitig mit Leichtigkeit. Sorgen fallen ab, der Himmel weitet sich.
Die Augen fallen ihr zu, noch nehmen die sich sanft bewegenden Nasenflügel den Duft auf, satt, würzig und frisch.
Dankbarkeit umflutet sie, Staunen über dieses so wunderbare Meisterwerk Natur.

Ich komme wieder, geliebter Karwendel.

Flora von Bistram 2002







Tirol 2

Ein Schleier liegt über dem Tal. Tief hängen die Wolken.  Eng wirkt die Welt und bedrückend. Es ist noch nicht hell geworden, zu hoch sind die Berge rundum.
Die vier Menschen, die sich auf schmalen Pfaden bewegen, haben dafür fast keinen Blick. Jede Faser ihrer Konzentration richtet sich auf den Weg, auf die Steigung. Kaum ein Wort fällt. Ab und zu eine Hand, die sich dem reicht, der einen kleinen Halt benötigt.
Einzelne Vogelstimmen durchdringen den erwachenden Morgen und geben dem Grau ein wenig Helle. Dies spiegelt sich auch gleich auf den Gesichtern der Steigenden. Suchende Blicke schweifen nun ab und zu in Richtung der Lieder, die die Natur ihnen bietet.
„Wir halten hier an und trinken etwas!“ Jupp, der Führer hebt die Hand, denn sie sind an einer kleinen Quelle angelangt.
Abwechselnd trinken die Wanderer.  Eiskalt und sprudelnd springt das Wasser in die aufgehaltenen Hände und schlürfend wird es voller Genuss getrunken.
„Da verzichte ich doch auf jede andere Gesellschaft, auf Sekt und Buffet!“ Rolf, der Musiker und Dirigent lacht die junge Frau an. Sie schüttelt den Pferdeschwanz und lacht zurück.
„Das ist mir noch nie wichtig gewesen, das weißt du. Mir ist am wohlsten, wenn ich mich draußen bewegen kann.“
„Kommt weiter, wir haben noch ein Stück vor uns.“ Auch Achim hat getrunken und will voran.
Der Weg wird schmaler, teilweise kaum erkennbar. Würzige Luft umgibt sie und macht das Atmen immer wieder zum Erlebnis.
Und dann…plötzlich wird es hell, die Sonne ist über die Wolkendecke gestiegen, taucht alles in ein strahlend funkelndes Märchenlicht, denn Stein, Baum und Pflanzen am Boden hängen noch voller kleinster und größerer Tropfen, die sich nun glitzernd den Augen darbieten.
Alle verharren in stiller Andacht, so intensiv ist immer wieder das Erleben hier oben in den Tiroler Bergen. Atemberaubende Fernsicht und zu Füßen nur die Ahnung des Tals, noch begraben unter den Wolkenbergen, die sich wabernd weiter schieben und in ihrem langsamen Farbwechsel und der Verflüchtigung an den Ränder auf einen Durchbruch der Sonne hoffen lassen.
Wie nötig für die Bewohner dort unten, die schon seit Tagen besseres Wetter ersehnen.
Die kleine Gruppe genießt wie so oft schon ihre Gemeinsamkeit, die Anstrengung. Das Ziel ist nur eine Wegmarke, der Aufstieg ist das, was das Blut, den Körper, jede Faser des Gefühls  in Wallung bringt.
Es werden Glücksgefühle freigesetzt, die eine absolute innere Zufriedenheit vermitteln.

 
Tirol 1974
 

Tirol 1965



Feier auf der Hütt'n nach einem langen Marsch 1976